Unterstützung beim Ausbau eines Campers oder Wohnmobils

Elektroinstallation mit Lithium Batterie und schnellem Ladevorgang im VW T6 Camper

Die Elektrik ist eins der zentralen Themen um die sich der Ausbau, oder die Ausstattung wenn man so will, eines Campers dreht. Berechtigt! So sind es doch die Elektroinstallation und die Wasserinstallation, die Maßgeblich über den Grad der Autarkie eines Fahrzeugs entscheiden. Autarkie – ein Maßstab anhand dem viele Camper verschiedene Fahrzeuge messen und vergleichen, oder anders gesagt ein Maßstab, der für viele Camper sehr entscheidend ist.

Es gibt wesentlich mehr verschiedene Ansätze eine Elektroinstallation zu gestalten, als den meisten Campern klar ist. Jedenfalls habe ich diesen Eindruck. Meiner Auffassung nach geht die Mehrheit davon aus, dass eine Elektroinstallation neben den Verbrauchern wie Ladesteckdosen und Kühlschrank vor allem aus einer Solaranlage und einer oder mehreren großen Batterien besteht. Ein Ansatz der sicher nicht schlecht oder falsch ist.

Was jedoch eine gute Alternative sein kann und für welche Variante ich mich bei unserem – sehr autarken – Bus entschieden habe, beschreibe ich in diesem Beitrag.

Punkt 1: Die Verbraucher

Die richtige Skalierung des Energiespeichers und auch der Ladeeinrichtungen hängt einzig und allein von der Leistungsaufnahme der Verbraucher ab. Die wichtigsten Verbraucher und welche Leistung sie jeweils aufnehmen, liste ich in der folgenden Tabelle auf:

Vitrifrigo C39i Kühlschrank31W
Maxxair Maxxfan Deluxe28W
Ective Wechselrichter SI30-350W
LED Beleuchtung12W
USB Ladesteckdosen25W
Barwig Tauchpumpe50W
LF Bros Diesel Standheizung 2kW25W
Verbraucher und Ihre Leistungsaufnahme

Neben der elektrischen Leistung ist natürlich relevant, wie lange die Verbraucher jeweils pro Tag genutzt werden. Um alle Rechnungen zu vereinfachen und vergleichbar zu machen rechnen wir in Wattstunden (Wh). In der folgenden Tabelle wird also die Leistungsaufnahme mit einer angenommenen Anzahl an Stunden Pro Tag, die der Verbraucher genutzt wird, multipliziert.

VerbraucherLeistung Nutzungsdauer
Vitrifrigo C39i Kühlschrank31W 3h 93Wh
Maxxair Maxxfan Deluxe28W2h56Wh
Ective Wechselrichter SI365W4h260Wh
LED Beleuchtung12W5h60Wh
USB Ladesteckdosen25W3h75Wh
Barwig Tauchpumpe50W1h50Wh
LF Bros Diesel Standheizung 2kW25W10h 250Wh
Summe844Wh
Verbraucher und Ihre Leistungsaufnahme pro Tag

Die oben stehenden Verbrauchswerte pro Tag stellen einen groben Schätzwert für einen Tag an dem viel geheizt werden muss und über den Wechselrichter bspw. ein Laptop 4h geladen wird dar. Das könnte für mich ein Tag im Winter sein, an dem ich Homeoffice aus dem Bus mache. Ohne Homeoffice und mit nicht so viel laufender Heizung wären ca. 400Wh ein realistischer aber großzügiger Tagesverbrauch in unserem Fall.

Punkt 2: Der Energiespeicher – Die Batterie

Die Größe der Batterie muss nach dem errechneten Tagesverbrauch und der Anzahl der Tage, die Autark gestanden werden soll, gewählt werden. Ladeströme über Solar oder Landstrom strecken natürlich die mögliche Standzeit. Als Energiespeicher kommen verschiedene Batterietechnologien in Frage. Am meisten verbreitet sind momentan Gel/AGM- und Lithium (LiFePo4) -Batterien. Die beiden Typen unterscheiden sich im wesentlichen vor allem durch Ihre Energiedichte, also wie viel Energie bei gleicher Größe und gleichem Gewicht gespeichert werden kann. Als Faustformel lässt sich sagen, dass eine Lithium Batterie, die so groß ist wie eine 100Ah AGM Batterie, dreimal so viel Energie speichern kann. Dabei ist zu beachten, dass bei Lithium Batterien nahezu die volle Kapazität (Herstellerangabe) zur Verfügung steht und bei Gel und AGM Batterien jeweils nur die Hälfte der vom Hersteller angegebenen Kapazität (C5 oder C20) tatsächlich genutzt werden kann.

Beispiel: Auf gleichem Bauraum unter meinem Fahrersitz hatte ich anfangs eine 100Ah AGM Batterie, also 50Ah (640Wh) nutzbare Kapazität, und nun eine 150Ah (1.920Wh) LiFePo4 Batterie.

Weitere Unterschiede zwischen Gel/AGM Batterien und Lithium Batterien sind der zulässige Lade- und Entladestrom, sowie die Zyklenfestigkeit, also die Haltbarkeit der Batterie und nicht zuletzt ein erheblicher Preisunterschied.

In unserem Bus ist eine LiFePo4 Batterie mit 150Ah (Ampèrestunden), also 1.920Wh von Supervolt verbaut. Da Lithium Batterien generell etwas empfindlicher auf kühle Temperaturen reagieren, und sie bei Kälte unter Umständen sehr schnell auf keine Energie mehr zurückgreifen können, habe ich das Modell 150AH-P mit integrierte Heizung der Zellen bis -30°C gewählt. Alle fertig montierten Lithium Batterien sind mit einem Batterie Management System (BMS) ausgestattet, welches die Spannung der einzelnen Lithium Zellen untereinander ausbalanciert und Sicherheitsfunktionen wie einen Überlade- oder Überstromschutz enthält. Ein BMS ist bei Lithium Batterien zwingend erforderlich. In vielen Fällen ist zudem eine praktische App Verbindung per Bluetooth integriert. Die Benutzeroberfläche der App unserer Batterie ist in Abbildung 2 dargestellt.

Nehmen wir die errechneten Werte aus der zweiten Tabelle zur Hand, lässt sich also errechnen, dass ich bei Nutzung meines Computers im Homeoffice und viel Heizleistung ca. 2,5 Tage Autark stehen kann und ohne die Nutzung des Wechselrichters knapp 5 Tage. Ganz ohne Heizung, und nur mit laufendem Kühlschrank und Beleuchtung im Sommer, kann ich mit den genannten Verbrauchern und der genannten Batterie deutlich mehr als eine Woche autark an einem Stellplatz stehen.

Abbildung 1: Elektroinstallation unter dem Fahrersitz

Punkt 3: Die Ladetechnik:

Die Ladetechnik ist wie bereits angesprochen ein viel diskutiertes Thema. Anders als viele Camper mit Fokus auf Autarkie, habe ich ganz auf eine Solaranlage verzichtet. Dafür gibt es verschiedene Gründe, nicht zuletzt aber da ich wegen der großen Dachfenster auf meinem Dach auch keinen Platz mehr dafür habe. Meine Batterie wird ausschließlich während der Fahrt über den Generator des Fahrzeugs geladen. Dafür nutze ich zwei Ladebooster vom Typ Votronic VCC 1212-30, die laut Hersteller parallel geschaltet werden dürfen. Meine Batterie wird also mit 2×30=60 Ampère geladen. B2B Laderegler, wie die von Votronic laden die Batterien natürlich mit einer optimierten Kennlinie, also nicht permanent mit 60A, jedoch ist es der Einfachheit halber vertretbar und realitätsnah mit einem Ladestrom von 60A zu rechnen. 60A x 12,8 Volt entsprechen 768 Watt, das bedeutet nach einer Stunde Ladung mit 60A Ladestrom, hat die Batterie 768Wh gewonnen. Oder in anderen Worten: Wenn die Batterie komplett leer ist, ist sie nach 2,5h laufendem Motor wieder voll geladen. Bei einem typischen „Homeoffice Tagesverbrauch“ von 844Wh muss ich also im Durchschnitt etwas mehr als eine Stunde pro Tag den Motor laufen haben um meinen Energiebedarf zu decken. Oder ich kann zwei Tage an einem Stellplatz bleiben und dann nach zwei Stunden Fahrt einen neuen Platz finden. Erfahrungsgemäß ist eine durchschnittliche Fahrtzeit von einer Stunde pro Tag sehr realistisch für unser Reiseverhalten. Ihr müsst bedenken, dass jede Minute in der der Motor läuft zählt, für den Betrieb des Generators spielt es eine untergeordnete Rolle, ob das Fahrzeug steht oder fährt. Ein kurzer Trip zum Einkaufen bedeutet also schon eine um ca. ein drittel geladene Batterie.

Für viele relevant und interessant wird der Vergleich mit dem Ertrag einer Solaranlage sein. Auf meinem Bus könnte ich ohne die Dachfenster realistisch eine Solaranlage mit ca. 300W unterbringen. Wichtig dabei ist, dass diese 300W idealisierte Angaben sind, die im Camper Alltag nicht erreicht werden. Scheint die Sonne direkt auf die Panels werden bei einer 300W Solaranlage nach meinen Erfahrungswerten ca. 7A Stromfluss erreicht, was bei 12,8V Spannung ~90 W Ladeleistung entspricht. Um die Energie von 768Wh pro Tag aufzubringen, muss die Sonne also ungefähr 8,5 Stunden pro Tag auf eine 300W Solaranlage einstrahlen.
Aus meiner Perspektive ist das aus verschiedenen Gründen unrealistisch. Unter anderem weil so viele Sonnenstunden pro Tag über die Mehrheit der Tage im Jahr nicht erreicht werden, aber auch weil ich meinen Bus gerne im Schatten abstelle.
Für realistisch erachte ich einen durchschnittlichen Ertrag von 2-300Wh pro Tag, was im Vergleich zur enormen Ladeleistung über die Ladebooster in meinen Augen stark an Relevanz verliert. Hierbei sollten auch die Kosten für eine 300W Solaranlage gegenüber ein bis zwei Ladeboostern abgewogen werden. Aktuell kostet ein Votronic VCC 1212-30 um die 200€, ich habe also für meine sehr potente Ladeelektronik mit Kabeln und Kleinteilen ca. 500€ ausgegeben. Für eine Solaranlage mit 300W Nennleistung inkl. Laderegler, Kabel mit ausreichend Querschnitt und Kleinteilen muss man mindestens 850€ einplanen.

Nichts desto trotz sind Solaranlagen als zusätzliche Stromquelle sicher eine erstrebenswerte Variante. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass länger abgestellte Fahrzeuge, auf die in der Regel auf Dauer immer wieder die Sonne einstrahlen wird, kaum der Gefahr einer tiefentladenen Batterie ausgesetzt sind, da diese immer wieder über die Solaranlage nachgeladen wird. Für Camper, die viel im Süden unterwegs sind und ihren Van gerne in der Sonne parken, lohnt es sich auch entscheidend mehr als für jemanden der primär Wintercamping in Skandinavien betreibt ;).
Denkbar und effizienter sind unter Umständen auch mobile Lösungen, bei denen das Fahrzeug im Schatten parken kann und die Solarpanele in der Sonne aufgestellt werden und per Kabel mit dem Fahrzeug verbunden werden. Hierbei muss besonders auf ausreichend dicke Kabelquerschnitte und Steckverbindungen mit möglichst geringem elektrischen Widerstand geachtet werden, da der elektrische Widerstand absolut entscheidend für die Effizienz und den Ertrag einer Solaranlage ist. Häufig werden an Solaranlagen zu dünne Kabel verbaut, sodass nicht die maximale Leistung entnommen werden kann.

Fazit

Die Primäre Stromquelle bei Campingfahrzeugen ist für mich der Generator (auch Lichtmaschine genannt), aufgrund des hohen Ertrags. Ladebooster sind vergleichsweise erschwinglich und so einfach installiert wie ein simples Trennrelais und bieten dabei einen entscheidenden Mehrwehrt hinsichtlich der Effizienz der Ladung und Optimierung der Ladekennlinie, auch hinsichtlich der Haltbarkeit der Batterie.
Um besonders flexibel und schonend mit meiner Batterie umgehen zu können, kann ich beide Ladebooster mit Hilfe eines Schalters unterm Fahrersitz unabhängig voneinander ein- und ausschalten. So kann ich beispielsweise bei bereits fast voller Batterie die Ladung abschalten, um die Batterie zu schonen, oder bei längeren Fahrten auf die Ladung mit 60A verzichten und die Batterie mit nur 30A laden. Zulässig sind bei der genannten Batterie von Supervolt übrigens bis zu 100A Ladestrom, wobei ein sehr hoher Ladestrom natürlich negative Auswirkungen auf die Haltbarkeit der Batterie hat.
In den letzten Wochen habe ich mich oft dabei erwischt die Batterie bei der Fahrt überhaupt nicht zu laden, weil ich noch genug Kapazität hatte und nur den Kühlschrank als Verbraucher hatte. Mein Rekord bei wenig Verbrauch, also nur Kühlschrank, Licht und Handy laden, liegt aktuell bei 11 Tagen ohne Nachladen der Batterie.
Auf die Spitze getrieben kann ich also bei normalem Sommerurlaubsverhalten 10 Tage autark stehen, eine halbe Stunde in den nächsten Ort zum Einkaufen fahren und wieder 5 Tage stehen bis ich mich wieder fortbewegen muss. Das ist ein Reiseverhalten, was ich bei uns so noch nie beobachtet habe, spätestens nach drei Tagen stehen läuft der Motor meist mehrere Stunden bis zum nächsten Übernachtungsplatz. Dennoch ist es angenehm zu wissen, dass bereits eine halbe Stunde laufender Motor ~380Wh oder 30Ah nutzbare Energie bedeutet, mit denen man auf jeden Fall ohne Probleme einen weiteren Tag viel Strom verbrauchen kann!

Abbildung 2: Benutzeroberfläche der Supervolt App

1 Kommentar

  1. Achim Meier-Herrmann

    sehr informativer Artikel; lässt auf hohe Fachkompetenz rückschließen

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